Politischer Mut bei Energieeffizienz zahlt sich aus

Mit dem Energieeffizienzgesetz hat sich die Regierung verpflichtet den Energieverbrauch bis 2020 um 50 Petajoule, das entspricht der Leistung von 12 Donaukraftwerken, zu reduzieren. Dies ist ambitioniert, aber durchaus zu schaffen und geht mit einer Vielzahl von positiven Nebeneffekten einher. Aber dazu braucht es konsequente Maßnahmenbündel. Wie der Gebäudesektor in den kommenden fünf Jahren 16 Petajoule einsparen kann, rechnet die Passivhaus Austria vor. 

Nationaler Plan verfehlt klar die selbst gesteckten Ziele für 2020
Als besonders großer Hebel kann die umfassende thermische Sanierung wirken. Der Sanierungsscheck stellt beispielsweise jährlich 100 Millionen Euro, gebunden an gewisse energetische Verbesserungen, zur Verfügung. Die damit erzielten Energieeinsparungen liegen  bei ca. 160 GWh/a. Hochgerechnet für das Jahr 2020 würden dies ca. 800 GWh/a, sowie weitere 250 GWh/a Einsparungen im Nicht-Wohnbaubereich ausmachen.

Andererseits werden in den kommenden Jahren im Schnitt pro Jahr ca. sechs Millionen Quadratmeter Nutzflächen neu in Österreich gebaut, zwei Drittel davon im Wohnbau mit rund 40.000 Wohnungen pro Jahr. Werden diese Neubauten weiterhin gemäß den Zielen des Nationalen Planes errichtet, führt dies gemeinsam mit dem Neubau im Nicht-Wohnbau zu einem zusätzlichen Energiebedarf an Raumwärme von 1.140 GWh/a im Jahr 2020. Das bedeutet, dass die erzielten Einsparungen bei der thermischen Altbausanierung durch die zusätzlichen Energieverbräuche beim Neubau mehr als aufgehoben werden. Es kommt somit bei einer Fortführung der Energieeffizienzpolitik gemäß des Nationalen Plans in Summe sogar zu einem Anstieg des Endenergiebedarfs von 90 GWh/a im Jahr 2020.

Passivhaus Austria legt Maßnahmen für Zielerreichung vor
Daher fordert die Passivhaus Austria seit langem eine wesentlich konsequentere Umsetzung der Energieeffizienzziele. Würden alle zuvor genannten Neubauten in Passivhaus-Standard errichtet werden, würde der Energiebedarf nur um 240 GWh/a im Jahr 2020 ansteigen.

Bei der thermischen Altbausanierung fordert die Passivhaus Austria den Sanierungsscheck sinnvoll aufzuwerten und die Landes-Wohnbauförderungen an höchste Energieeffizienzziele zu binden. Mit einer Anhebung des Fördervolumens für den Sanierungsscheck auf jährlich 500 Millionen Euro könnten jedes Jahr über fünf Millionen Quadratmeter Altbau nachhaltig saniert werden.

Allerdings sollte kein weiteres Fördergeld für fragwürdige Einsparungen durch ungenügende Einzelmaßnahmen und mäßige Sanierungsqualitäten als Mitnahmeeffekte ausgegeben werden, welche sich dann langfristig wirtschaftlich kontraproduktiv auswirken. Vielmehr soll der Sanierungsscheck nur an thermisch optimierte Sanierungen mit mindestens 85 Prozent Energieeffizienzsteigerung oder bei Unterschreitung des qualitätsgesicherten EnerPHit-Standards  mit 25 kWh/m²a – ausgenommen Denkmal geschützte Gebäude - ausbezahlt werden. Mit der Förderanhebung von 5.000 auf 7.500 Euro steigt die Attraktivität des Sanierungsschecks für Investitionen erheblich, und gleichzeitig sinken die Energiekosten um nochmals 50 Prozent gegenüber der derzeit höchsten Förderstufe.

Im Jahr 2020 würden sich damit 3.540 GWh/a in der Wohnbausanierung und weitere 1.250 GWh/a in der Sanierung von Nicht-Wohnbauten einsparen lassen. In Summe würde so trotz Neubauzuwachses der Endenergieverbrauch bis 2020 um 4.550 GWh/a signifikant sinken. Dies würde umgerechnet mit 16,5 Petajoule einem Drittel der von der Regierung selbst gesteckten Reduktionsziele und somit der Leistung von vier Donaukraftwerken entsprechen.

Viele Beobachter haben dies als unrealistisch klassifiziert. Die von der Passivhaus Austria vorgeschlagenen Verbesserungen entsprechen jedoch genau den Maßnahmen, welche die Stadt Brüssel seit 1.1.2015 konsequent erfolgreich umsetzt! In der Region Brüssel werden alle Neubauten gemäß Bauordnung in Passivhaus-Standard ausgeführt, und sämtliche umfassende Sanierungen weisen nur noch einen maximalen Heizwärmebedarf von 18 kWh/m²a auf (ausgenommen Denkmal geschützte Bauten).

Damit dies nicht an mangelnder Qualität scheitert, ist die Bindung an die konkreten Energieeffizienzkriterien, wie sie der EnerPHit-Standard bietet und deren Überprüfbarkeit, von entscheidender Bedeutung.

Politischer Mut bei Energieeffizienz zahlt sich aus
Das die von der Passivhaus Austria empfohlenen Maßnahmen auch ökonomisch sinnvoll sind, macht die im Jänner 2015 erschienene Studie „Monetary benefits of ambitious building energy policies“ von “Advanced Building and Urban Design” und “Global Buildings Performance Network” deutlich. Erstmals wurden in einer weltumspannenden Erfassung die monetären Vorteile einer engagierten Politik für hoch energieeffiziente Gebäude gegenüber einer verhaltenen moderaten Politik analysiert.

Darin kommt zum Ausdruck, dass das „Deep efficiency scenario“, welches in etwa dem Passivhaus-Standard entspricht, deutlich ökonomischer ist als das „Moderate efficiency scenario“. Für Europa kommen die gesamten Investitionskosten von 5,1 Billionen Dollar durch die eingesparten Energiekosten von 9.8 Billionen Dollar bis 2050 im „Deep efficiency scenario“ wesentlich günstiger als das „Moderate efficiency scenario“. Weltweit betrachtet zeigt sich, das bei einem engagierten Szenario nahe dem Passivhaus-Standard die Energieeinsparungen mit 99,2 Billionen Dollar mehr als doppelt so hoch sind als die Investitionskosten mit 44,3 Billionen Dollar und damit absolut positive ökonomische Vorteile bringt. Hingegen würden sich die Investitionskosten der zögerlichen Energieeffizienz-Politik ökonomisch gar nicht zurückzahlen.

„Es zahlt sich also für Volkswirtschaften aus, keine halben Sachen bei der Energieeffizienz zu machen. Wer die Wirtschaftskrisen der Welt bewältigen will, kann dies am besten erreichen, wenn er ganz auf die bestmögliche Energieeffizienz setzt“, bringt es Günter Lang, Leiter der Passivhaus Austria auf den Punkt.

„Damit kommen thermischen Sanierungen unter vollständiger Nutzung der kostenoptimalen Einsparungspotentiale höchste Bedeutung zu“, weist Univ. Prof. Dr. Wolfgang Feist vom Passivhaus Institut auf die Wirtschaftlichkeit von Sanierungen auf EnerPHit-Standard hin. Nach dem Motto „Wen schon, denn schon“ ist es am sinnvollsten, die Energieeffizienz gleich um 85 Prozent oder mehr zu steigern.

Im Dezember 2014 hat Karl Aiginger vom WIFO bei der Eröffnung der eigenen Sanierung des WIFO-Bürogebäudes auf die enormen positiven volkswirtschaftlichen Aspekte und Schaffung von Arbeitsplätzen eindringlich hingewiesen. Nun gilt es, diesen Weg konsequent zu beschreiten. Eine Sanierungsoffensive mit qualitätsgesicherten Einsparungszielen stärkt die österreichische Wirtschaft, bringt Österreich beim Klimaschutz wieder in Vorreiterposition und spart Energie und Geld. Und außerdem darf sich der Finanzminister über zusätzliche Steuereinnahmen freuen, während für die Bevölkerung Wohnen langfristig leistbar bleibt.