Energieeffizienz gepaart mit Erneuerbaren ist Schlüssel für Ende fossiler Wärmeversorgung

Ein nachhaltiges Energiesystem ist nicht nur klimafreundlich, sondern stärkt die heimische Wirtschaft, reduziert die Preisrisiken und dient dem Schutz unserer Gesundheit. Das bestätigt der „Faktencheck Energiewende 2018/2019“, den der Klima- und Energiefonds und Erneuerbare Energie Österreich präsentierten.

Bereits zum fünften Mal räumen die Herausgeber mit aktuellen Mythen rund um die Energieversorgung der Zukunft auf. Ein Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe gilt dem Wärmesektor. Allerdings bleiben gewaltige Einsparungspotentiale ungenutzt und führen zu Lock In Effekten.

Ohne Wärmewende keine Energiewende
„Die Augen der Weltöffentlichkeit sind derzeit auf die Klimakonferenz im polnischen Katowice gerichtet. Es geht um die Entscheidung, ob der Klimavertrag von Paris mit Leben erfüllt und konkrete Maßnahmen beschlossen werden können. Allen ist klar: Die Klimaveränderung hat schon jetzt dramatische Folgen. Nur durch rasches Handeln können wir die Klimakatastrophe verhindern“, betont Ingmar Höbarth, Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds. „Unser Faktencheck beweist: Eine tragende Rolle kommt dabei dem Wärmesektor zu. Dieser ist mit 580 Petajoule für mehr als die Hälfte des österreichischen Endenergieverbrauchs verantwortlich und wird zu knapp 60 Prozent bzw. 330 Petajoule von fossiler Energie abgedeckt. Die Wärmewende ist daher ein zentraler Baustein für eine Energiewende im Sinne der Pariser Klimaziele.“

„Die Grafik (siehe oben) macht sehr deutlich, dass im Gegensatz zur Zielerreichung 100 Prozent erneuerbarer Strom bei einer 100 Prozent erneuerbarer Wärmeversorgung zehnmal so viel an fossilen Energieträgern ersetzt werden müssen. Eine wahre Herkulesaufgabe, die nur unter priorisierter Beachtung der Umsetzung der Energieeffizienz eine Chance auf Erfolg hat“, betont Günter Lang, Leiter der Passivhaus Austria.

Wie wichtig die Erreichung des 1,5 Grad-Zieles ist und mit welchen drastischen Konsequenzen ein globaler Temperaturanstieg von 2 Grad verbunden ist, demonstriert der kürzlich veröffentlichte Sonderbericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change).

Erneuerbare unterliegen geringeren Preisrisiken als Fossile
„Anfang Oktober 2018 lag der Ölpreis der Sorte Brent mit über 80 US$ pro Barrel so hoch wie seit drei Jahren nicht mehr. Die Ausgaben für fossile Importe steigen seit einigen Jahren wieder. 2017 haben wir in Österreich brutto 10,7 Mrd. Euro für die Energieeinfuhr ausgegeben. Nach unseren aktuellen Berechnungen ist 2018 mit Importkosten von über 12 Mrd. Euro zu rechnen“, unterstreicht Klima- und Energiepolitikexperte Georg Günsberg. „Durch die Wärmewende aus thermisch optimierter Sanierung & Wechsel auf Erneuerbare Energien könnten wir in Österreich jährlich bis zu 7 Mrd. Euro an Heizkosten sparen“. Dass gerade der Bereich der Räumwärme großes Potential für den Einsatz von Erneuerbaren und Energieeffizienz bietet, formuliert auch die Klima- und Energiestrategie #mission2030 der Bundesregierung.

Großer Lock in Effekt bei Sanierung und Neubau
Unsanierte Bestandsgebäude haben das größte Energieeinsparpotential. Allerdings zeigt die Studie deutlich auf, dass offensichtlich nur ein Drittel der tatsächlich möglichen Energieeinsparpotentiale genutzt werden, wodurch sich für die Klimaziele 2050 ein gewaltiger Lock in Effekt ergibt, da diese einmal sanierten Gebäude in den kommenden 40 Jahren kaum nochmals energetisch optimiert saniert werden. Das Gleiche gilt für die Neubauten, welche auf Grund der nur mäßigen Bauordnungs- und Wohnbauförderstandards ebenfalls ein erhebliches Energieeinsparpotential von rund 3,0 TWh verspielen. Die bereits sanierten Gebäude haben dadurch ein Energieeinsparpotential von rund 14 TWh liegen gelassen. Die noch zu sanierenden Gebäude haben sogar noch ein Energieeinsparpotential von rund 20 TWh, welches nun bestmöglich genutzt werden sollte.

Einfamilienhäuser Mehrfamilienhäuser
Vergleich der Gebäudeanzahl nach Nutzenergiebedarf in Terawattstunden von Einfamilienhäusern. Grafikquelle: Faktencheck 2018/2019 ergänzt um Lock in Effekte, Datenquelle: Energy Economic Group/TU Wien 2018 Vergleich der Gebäudeanzahl nach Nutzenergiebedarf in Terawattstunden von Mehrfamilienhäusern. Grafikquelle: Faktencheck 2018/2019 ergänzt um Lock in Effekte, Datenquelle: Energy Economic Group/TU Wien 2018
Grafik: Vergleich des der Häuseranzahl nach Gebäudetypen und des Nutzenergiebedarfs in Terawattstunden.
Grafikquelle: Faktencheck 2018/2019 ergänzt um Lock in Effekte, Datenquelle: Energy Economic Group/TU Wien 2018

„In Summe existieren im gesamten Wohngebäudebereich gewaltige Energieeinsparpotentiale von 37 TWh, wovon allerdings ein Teil nicht mehr vor 2050 umgesetzt werden wird. Dies würde dem Potential von 37 Donaukraftwerken á la Freudenau entsprechen“, unterstreicht Günter Lang.

Klimaschutz zum Schutz unserer Gesundheit
„Der Faktencheck zeigt ganz klar, dass Klimaschutz, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze Hand in Hand gehen. Gleichzeitig bedeutet Klimaschutz auch den Schutz unserer Gesundheit“, hebt Ingmar Höbarth hervor und verweist dabei auf den im September erschienenen Sachstandsbericht zum Thema Gesundheit, Demographie und Klimawandel, der vom Klimafonds beauftragt wurde. Das Sommerhalbjahr 2018 war in Österreich das heißeste seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1767. Aktuelle Modelle für die weitere Entwicklung des Klimas lassen deutlich steigende Risiken für die Gesundheit erwarten. „Neben intensiveren Hitzeperioden, Bränden und Überschwemmungen nimmt auch die Häufigkeit übertragbarer Krankheiten in Europa zu. Wir müssen jetzt unsere Kräfte bündeln, um damit sowohl unsere Lebensgrundlage als auch die nachfolgenden Generationen zu bewahren“.

Der Faktencheck: Trendbarometer, Argumentarium, Nachschlagewerk
Der „Faktencheck Energiewende 2018/2019“ bietet eine umfassende Aufarbeitung der aktuellsten Daten, Fakten und Argumente in der klima- und energiepolitischen Diskussion. Er zeigt auf Basis internationaler Studien in zehn Kapiteln wirtschaftliche und ökologische Trends und entkräftet mit Fakten die gängigsten Mythen rund um das Thema „Energiewende“. Ein besonderer Schwerpunkt gilt diesmal dem Wärmesektor, und hierbei vor allem dem Bereich Raumwärme/Warmwasser. In innovativer, multimedialer Aufbereitung ist er als Print- und Onlineversion Argumentationsleitfaden, Nachschlagewerk und Wegweiser für die notwendigen Weichenstellungen in den Bereichen Klimaschutz und Energiepolitik. Der Faktencheck Energiewende wird vom Klima- und Energiefonds und Erneuerbare Energie Österreich herausgegeben. Inhaltlich wurde der Faktencheck vom Klima- und Energiepolitikexperten Georg Günsberg ausgearbeitet.

Der „Faktencheck Energiewende 2018/2019“ steht unter diesem Link zum Download bereit:
https://www.klimafonds.gv.at/press/praesentation-faktencheck-energiewende-2018-2019/